Abschlussrede
2016 für den Jahrgang 10
Sehr
verehrte Zuhörer:
Zu
Beginn ein kleines Ratespiel, auf das ich noch zurückkommen
werde:
Was
haben Max Morlock, Gerd Müller, Michael Ballack und Thomas
Müller gemeinsam?
Wer
hier findig wird, weiß bereits was der Aufhänger meiner
diesjährigen Abschlussrede sein wird. Zuvor werde ich aber –
ganz normal – starten.
In
diesem Sinne möchte ich sie als Schulleiter der Evangelischen
Gesamtschule Gelsenkirchen-Bismarck alle herzlich zur diesjährigen
festlichen Abschlussfeier unseres Abschlussjahrgangs 10 begrüßen.
Alle Menschen, die in unserem vollbesetzten Theater sitzen haben
einen Grund gemeinsam zu feiern. Ich begrüße also große
Teile des Kollegiums der EGG sowie Schülerinnen und Schüler
unseres dreizehnten Abschlussjahrgangs in der Sekundarstufe I mit
ihren Familien und mit ihren Freunden – Herzlich willkommen!
Vor
nicht ganz 6 Jahren habt ihr schon einmal mit euren Eltern in diesem
Theater gesessen. 150 Jungs und Mädels mit bunten Tornistern,
die unseren dreizehnten Eingangsjahrgang bildeten und die am liebsten
schreiend und lärmend umher liefen und für die
Zehntklässler fast genauso alt waren, wie die eigenen Eltern.
Gesagt
werden muss an einem solchen Tag aber auch, dass ihr schreiend und
lärmend auch vorgestern in der vierten Stunde durch die Schule
gezogen seid; leider haben dabei aber einige aus eurem Jahrgang sich
deutlich an keinerlei Absprachen gehalten, die wir beispielsweise im
Jahrgangsparlament verabredet hatten – ein Bärendienst,
den ihr euch, der schulischen Stimmung in den beiden letzten Tagen
und nachfolgenden Jahrgängen gemacht habt.
Zurück
aber nun zu meinem ursprünglichen Redeentwurf, denn jetzt
schlägst 13: Ich habe den Bezug zu meiner angekündigten
Eingangsfrage vergessen!
Nur
drei der eingangs genannten waren für Deutschland
Torschützenkönige bei einer Fußballweltmeisterschaft
(übrigens 1954, 1974 und 2010), aber allen gemeinsam ist die
Wahl der Trikotnummer 13 – anscheinend für sie alle keine
„Unglückszahl.
Diese
Rede vor dem dreizehnten Abschlussjahrgang hätte ich zwar am
liebsten am Freitag, dem 13. gehalten, aber das war leider nicht
möglich denn der nächste Termin hierfür wäre erst
wieder am 13. Januar 2017 gewesen und ich hatte vermutet, dass ihr
solange nicht auf eure Zeugnisse warten wolltet.
Die
Dreizehn gilt in vielen Kulturen als Unglückszahl, das drückt
sich auch darin aus, dass die irrationale Furcht vor der Zahl 13
einen eigenen Namen hat: Triskaidekaphobie! Menschen mit dieser
Phobie, die unter diesem Aberglauben leiden, meiden beispielsweise
Räume mit der Nummer 13 oder ein 13. Stockwerk. Deshalb wird
manchmal in Hochhäusern das 13. Stockwerk übersprungen oder
in vielen Passagierflugzeugen die 13. Reihe in der Nummerierung
ausgelassen. Bei den deutschen Lottoziehungen war die 13 zwar die
erste gezogene Zahl aber in allen Samstagsziehungen bis heute
zusammen gerechnet, ist sie die Zahl die am wenigsten gezogen worden
ist. Weiter in die Tiefe gehend möchte ich mich aber nicht mit
solchen negativen Geheimlehren auseinandersetzen, sondern mit zwei
Assoziationen verdeutlichen was ich persönlich positiv mit der
Zahl 13 und damit auch eurem Jahrgang verbinde:
Zuerst
fiel mir ein Film ein: „Apollo
13“ in
der Hauptrolle mit Tom Hanks. Eigentlich geht es hierin um eine
gescheiterte Mondmission der NASA, bei der innerhalb der Raumkapsel,
so ziemlich alles schief geht, was man zuvor nicht eingeplant hatte
und die Kontrollmannschaft auf der Erde in Houston, muss nun
vollkommen improvisieren. Auf den Punkt bringt das ein Satz von Tom
Hanks aus dem Film, der das Dilemma als absolute Untertreibung
beschreibt: „Houston – wir haben ein Problem“. Ich
hoffe, dass euch bei kleineren Problemen, die ihr in den letzten
Jahren an der EGG hattet auch nur ansatzweise so geholfen werden
konnte, wie das für die Crew der Astronauten gilt. Klar ist
aber, dass man sich auch helfen lassen muss und dass immer auch
Eigeninitiative und Engagement gefragt sind – etwas was ich in
eurem Jahrgang von vielen Schülerinnen und Schülern immer
wieder erleben durfte (auch weil ich viele noch aus der fünften
und sechste Klasse her kenne) oder von dem mir berichtet worden ist.
Letztendlich war der Flug von Apollo 13 erfolgreich, weil es gelungen
ist die drei Astronauten wieder heil zur Erde zurück zu bringen
– ein Zeichen also dafür, dass auch scheinbare Misserfolge
zum Guten gewendet werden können.
In
diesem Sinne hoffe ich, dass euch die letzten Jahre an der EGG
qualifiziert haben, auch für euer weiteres berufliches oder
schulisches Leben. Um die Zukunft meistern zu können, muss man
eine Fähigkeit besonders ausgeprägt gelernt haben, nämlich
die das ganze Leben lang zu lernen. Dazu gehört auch die
Fähigkeit mit anderen zusammen zu arbeiten. Hinzu kommen eine
positive Einstellung zum Lernen und zum Leben, die Bereitschaft
Risiken einzugehen und Fehler nicht als etwas Schlimmes, sondern als
Hilfe zu betrachten. Alles Elemente, die auch bei der Astronautencrew
zu erkennen sind und von denen wir hoffen, dass wir euch an der EGG
mit diesen Fähigkeiten und mit diesen Kompetenzen ausgestattet
haben.
Selbstverständlich
könnte man als zweite Assoziation etwas zu dem Kinderbuch: „Jim
Knopf und die Wilde 13“,
als Fortsetzung des bekannten Erstwerks von Michael Endes: „Jim
Knopf und Lukas der Lokomotivführer“
sagen, zumal es hier auch mit dem Drachen Frau Mahlzahn um schulische
Fragen geht oder man könnte der These von Reinhard Mey
nachgehen: „Erinnert euch daran, sie waren Zwölfe, den
Dreizehnten den haben sie eiskalt, verhökert und verraten an die
Wölfe, man merke: Im Verein wird keiner alt“ – ein
Text der natürlich auf das letzte Abendmahl abzielt, bei welchem
13 Personen am Tisch saßen, wobei der Dreizehnte angeblich der
Verräter Judas war, aber entschieden habe ich mich für eine
nur sehr auszugsweise Beschäftigung mit dem Buch: „Die
13 1/2
Leben des Käpt’n Blaubär“
von Walter Moers (vielleicht erfolgt ein erweiterter Zugang ja in
drei Jahren).
Kontakt
habt ihr alle mit diesem Autoren im Rahmen des Freien Lernens gehabt,
dessen erster Durchgang ihr gewesen ward und dessen Vorbereitung und
Begleitung einige eurer Lehrerinnen und Lehrer viel Zeit und Kraft
gekostet hat. Ihr durftet euch alle mit seinem Buch „Wilde
Reise durch die Nacht“ beschäftigen, in dem Walter Moers
anhand von 21 Bildern aus dem Werk von Gustav Doré eine
fantastische Geschichte gestrickt hat. Dies ist übrigens das
einzige Buch des Autoren, das nicht mit anderen Werken von ihm selbst
verknüpft ist, sodass er insgesamt in seinen insgesamt sieben
Büchern über Zamonien ein eigenes Universum an Figuren und
Geschichten erfunden hat.
In
den 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär erzählt
Walter Moers von der ersten Hälfte der Lebenserinnerungen eines
Seebären, von denen ein Bericht verrückter ist als der
andere und die den Leser – wenn man sich darauf einlässt –
in eine ganz neue Welt entführen. Natürlich war auch der
junge Blaubär in eine Schule gegangen, der sogenannten
Nachtschule des Professor Dr. Abdul Nachtigaller in den
Finsterbergen, der den Lehrsatz Wissen ist Nacht! geprägt hat
und dem es gelingt dem jungen Blaubär so viel Wissen zu
vermitteln, dass dieser damit immer wieder seine zukünftigen
Abenteuer, d.h. übersetzt für euch sein weiteres Leben
bestehen kann.
Wenn
uns das mit dem Lernen und der Bildung in der EGG auch nur
ansatzweise gelungen ist, dann können wir alle stolz sein auf
unsere gemeinsame Zeit. Wobei an der EGG mindestens gleichwertig
neben dieser unterrichtlichen Dimension unseres schulischen Lebens
auch andere Formen des individuellen und gemeinsamen Lernens stehen,
ob dies Sponsorenläufe, Sport- oder Schulfeste, Projektwochen,
Klassenexkursionen und jährliche Klassenfahrten, Gottesdienste
und Andachten, eine religiöse Schulwoche, oder
Bläserklassenunterricht, Musikkonzerte, freiwillig gewählte
Arbeitsgemeinschaften oder aufgesuchte Mittagsangebote sind oder
einfach nur die Vielzahl an Gesprächen mit Mitschülern,
Lehrern oder anderen Menschen aus dem Schulleben der EGG, denen ihr
euch mitteilen konntet. Ich sagte gerade religiöse Schulwoche
und spreche hier nur die Schülerinnen und Schüler an, die
weiterhin bei uns bleiben werden, denn diese religiöse
Schulwoche findet ab kommenden Montag statt und endet – das
soll hiermit als Information für die Eltern gelten – am
Donnerstagabend mit einem gemeinsamen Fastenbrechen in der
DITIB-Moschee-Gemeinde Bismarckstraße 313, also erst nach
Sonnenuntergang. Ihre Kinder werden dazu auch in der nächsten
Woche noch weitere Informationen erhalten.
Bei
seinem Abschied aus der Nachtschule spricht sein Lehrer Nachtigaller
folgendes zum Blaubären: „Neue Schüler werden
nachrücken. Raum ist knapp. Kurz und gut deine Schulzeit ist zu
Ende. Morgen werde ich dich zum Stollenausgang führen. Es ist
ein langer Weg durch die Berge bis zum richtigen Ausgang, aber den
wirst du schon finden bei deinem Wissensstand.“
Und
da bin ich mir sicher…den werdet auch ihr finden, ob ihr nun
drei weitere Jahre an der EGG bleiben wollt oder eure neuen Abenteuer
außerhalb unserer Mauern sucht. Aber unabhängig davon, ob
sich unsere Wege nun trennen oder noch einige Jahre weiter gehen
werden, wünsche ich euch, dass eure Zeit an der EGG irgendwann
rückblickend zu den guten Zeiten eures Lebens gehören mag
und dass ihr weitere gute Zeiten folgen mögen. Ihr habt diese
Schule mit Leben gefüllt, euer Geist und eure Fröhlichkeit
haben sie mit geprägt. Ich sage im Namen der EGG: Herzlichen
Dank !
Bei
Ihnen, liebe Eltern, bedanke ich mich für das geschenkte
Vertrauen, für kritische Fragen, ermutigende Rückmeldungen
und für alle Unterstützung in den letzten 6 Schuljahren
ihrer Kinder.
Euch,
liebe Kolleginnen und Kollegen – und damit sind insbesondere
die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer der letzten zwei/vier oder
gar sechs Schuljahre gemeint – danke ich für das
andauernde Engagement, den Langmut und die Freundlichkeit mit der ihr
eure Schülerinnen und Schüler in den letzten Jahren und
Tagen begleitet habt.
Ich
möchte zum Ende meiner Rede hin stellvertretend für alle
hier Sitzenden vier Schüler nach vorne bitten, die jeweils in
ihrem eigenen Abschluss das beste Zeugnis der Jahrgangsstufe 10
erzielt haben und denen ich als Widmung in das Buchpräsent
geschrieben habe:
„Herzlichen
Glückwunsch zum besten Zeugnis im Abschlussjahr 2016. Ich
wünsche dir viel Erfolg und Gottes Segen auf deinem weiteren
Weg.“ Volker Franken
Andreas
Artz (10f + FORQ)
Aylin
Cibir (10b + HA 10)
Lukas
Manlik (10d + FOR)
Jessica
Shafik (10f + FORQ)
Ob
ihr das Buch gelesen haben werdet oder nicht kann ich übrigens
sehr leicht überprüfen, denn anders als im wahren Leben,
gibt es für den Blaubär nur eine einfache Grundregel
einzuhalten, die übrigens auch mein persönliches
Whatsapp-Motto ist, weil sie etwas über meine Lieblingsfigur des
Buches aussagt: „Verlass dich niemals auf einen Stollentroll“.
Aber um zu erkennen, was das bedeuten soll, müsst ihr euch schon
selbst auf die Reise begeben.
Abschließen
möchte ich noch mit vier kleineren Anmerkungen zur Zahl 13:
Im Mittelalter galt die Zahl
13 übrigens als Glückszahl, da man zwölf Mönche
und einen Abt brauchte, um ein Kloster zu gründen.
Erklärbar
wird der Aberglaube damit, dass die Zahl 12 in vielen Kulturen als
heilige Zahl gilt. So gibt es 12 Apostel, 12 Hauptgötter der
Römer und Griechen, 12 Monate, 12 Sternzeichen sowie 12 Tag-
und Nachtstunden. Die Zahl 13, die der 12 nachfolgt, überschreitet
sozusagen diese wohlgeformte Ordnung.
Auch
der Autor der Trilogie „Der Herr der Ringe“ (Tolkien)
geht auf diese Furcht ein.
In seiner
Geschichte lässt er den Hobbit Bilbo Beutlin als 14. Gefährten
mit auf die Reise ins Abenteuer gehen, damit die Gruppe von Gefahren
auf ihrer Mission geschützt ist.
Und zu guter Letzt: Eine
positive Assoziation mit der Zahl 13 ist in der heutigen Zeit das
13. Monatsgehalt, auf das wohl keiner - zumindest wenn man es noch
bekommt - aufgrund von Aberglauben verzichten würde.
Die
EGG verabschiedet sich nun in Dankbarkeit und Respekt von ihren
Schülerinnen und Schülern und deren Eltern, von denen uns
wie wir wissen auch viele für weitere Jahre erhalten bleiben.
Genießt diesen Tag. Es ist im Leben nicht oft so, dass man an
einem lange angestrebten Ziel angekommen ist.
Herzlichen Dank!