Abschlussrede 2019 für den Jahrgang 10

Abschlussrede 2019



Als Schulleiter der Evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen-Bismarck begrüße ich sie alle herzlich zur diesjährigen Feier unseres Abschlussjahrgangs 10. Alle Menschen, die in unserem vollbesetzten Theater sitzen haben einen Grund gemeinsam zu feiern. Ich begrüße also große Teile des Kollegiums der EGG sowie Schülerinnen und Schüler unseres sechzehnten Abschlussjahrgangs in der Sekundarstufe I mit ihren Familien und mit ihren Freunden – Herzlich willkommen!

Vor nicht ganz 6 Jahren habt ihr schon einmal mit euren Eltern in diesem Theater gesessen. 150 Jungs und Mädels mit bunten Tornistern und Rücksäcken, die unseren sechzehnten Eingangsjahrgang bildeten und die am liebsten lärmend umher liefen und für die Zehntklässler fast genauso alt waren, wie die eigenen Eltern. Übrigens seid ihr auch der erste Jahrgang, den ich als damals neuer Schulleiter an dieser Schule aufgenommen habe.

Damals ging es für euch schnell in die Klassen und nur eure Eltern durften noch einigen Informationen lauschen, wie z.B. denen zum Freien Lernen an der EGG – ein Bereich, der sich in den kommenden Jahren an unserer Schule weiter entwickeln wird, genauso wie das zukünftige Lernen mit Tablets in der Oberstufe, welches zahlreiche Schülerinnen und Schüler von euch als erste selbst miterleben werden. Heute aber müsst auch ihr hier verharren bis euch von euren Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern die Zeugnisse übergeben werden.

Meine Abschlussreden stehen seit nunmehr sieben Jahren unter einem Schwerpunktthema und ich greife heute erstmals auf etwas Altbewährtes zurück. Als ich mich daran setzte die heutige Rede zu schreiben, fielen mir diverse Situationen von Unterrichtsnachbesprechungen ein, wie ich sie in den letzten Wochen bei Unterrichtsbesuchen von Referendarinnen und Referendaren und anderen Kolleginnen und Kollegen immer wieder thematisiert hatte: War der gesehene Unterricht für die Schülerinnen und Schüler anschaulich und motivierend genug? Bei einem solchen Einstieg in meine Rede bei einer Abschlussfeier kann ich sicher sein, dass ich mindestens 160 kritische Zuhörerinnen und Zuhörer haben werde. Ihr seid ja die Spezialisten (weil Adressaten) für die Frage, inwiefern euch ein Unterrichtsthema tatsächlich erreicht, angesprochen oder zum Weiterdenken angeregt hat.

Nach sechs, bei manchen sogar sieben Jahren Leben an Bord unseres Schiffes EGG (bei manchen auch in Kombinationen mit anderen Schulschiffen) haben wir heute an eurem (ersten) Zielhafen angelegt. Ihr habt mittlerweile eure Kajüten, Kojen und Spinde gereinigt, habt eure Sachen in euren Seesack gepackt und wartet darauf, dass ihr eure Heuer in Form eines Abschlusszeugnisses oder Abgangszeugnisses ausgezahlt bekommt.

Dabei sind sicherlich viele gespannt, wie viel sie für ihre mühevolle oder aber auch weniger mühevolle Arbeit nachher erhalten werden. Denn bei diesem Ergebnis – der Höhe der Heuer – ist es entscheidend, mit welchem Schiff ihr weiterreisen könnt, was einigen leider erst sehr kurzfristig eingefallen ist. 5% von euch sogar erst so spät, dass sie lediglich mit einem Hauptschulabschluss nach Klasse 9 die EGG verlassen werden, was sich hoffentlich auf einer Werft anderenorts noch steigern lassen wird. Neben der Heuer in Form eines Zeugnisses mit dem Hauptschulabschluss 9 oder 10, der Fachoberschulreife oder der Fachoberschulreife mit Qualifikationsvermerk (denn wir sind an der EGG eine Schule, in der alle diese Abschlüsse sinnvoll zu erreichen sind), nehmt ihr noch eine Reihe anderer Dinge mit auf die Fahrt in die Zukunft.

Ich habe hier stellvertretend einen typischen Seesack der Schülerinnen und Schüler der EGG mitgebracht (von Dakine, da ja hier niemand Wert legt auf Markenklamotten).

Lasst uns mal schauen, was alles darin ist (etwas zu Trinken – früher wäre es eine Coladose gewesen, aber mittlerweile dank unserer Wasserspender eine Trinkflasche für Wasser - wiederverwertbar wäre aber sicher noch besser; etwas Gesundes zu Essen – wahrscheinlich frisches, kleingeschnittenes Obst von Mama) oder aber Donuts oder Nuggetbrötchen aus der Mensa – hier gibt es sicherlich für den Mensaausschuss auch in Zukunft noch etwas zu tun. Also eine ganz typische Verpflegung unserer Schülerinnen und Schüler, die ergänzt wird – wie eure Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer auf Klassenfahrten und Exkursionen beobachtet haben sollen – durch kulinarische Highlights wie Chips oder Hamburger und Pommes – vorzugsweise von einer sehr bekannten Restaurantkette. Und apropos Reise: Die spannendste in der letzten Zeit habe ich u.a. gemeinsam mit Eva Dallmann aufgrund unserer Nominierung für den Schulpreis 2019 nach Berlin unternommen – mit der Bahn nicht mit dem Schiff.



Aber: Was Ernährung bzw. fair gehandelte Produkte für unsere Gesellschaft bedeuten, das haben anschaulich und mit viel Engagement Jonas Bartel, Davin Difort, Tobias Recknagel und Niklas Zeller gelernt, die über eine längere Zeit hinweg die Schülerfirma begleitet haben. Herzlichen Dank dafür!

Als Kleidung gehört natürlich eine Baseballkappe dazu und immer mehr – wie in meiner eigenen Jugendzeit, wenn sie zu lange aufgetragen waren – neu gekaufte, aber kunstvoll zerrissene und verschlissene Jeans.

In der Grauzone der Schiffsordnung befinden wir uns wenn wir weiter stöbern und Gerätschaften finden, die etwas mit autosuggestiver Kommunikation (Kopfhörer) oder mit Partnerarbeit (Handy) zu tun haben, wobei letzteres selbstverständlich nur zum Angucken und nicht zum Anfassen mitgeschleppt wird, da man bei Fehlverhalten von Bord fliegen und den Haifischen zum Fraß vorgeworfen werden kann – glücklicherweise gibt es ja hier mittlerweile andere Regelungen im Oberstufengebäude für unsere älteren Seebären.

Ach so, und was das ist (Streichhölzer) und wie das hier reingekommen ist, kann ich mir gar nicht erklären. Vermutlich ein blinder Passagier…

Was nehmt ihr Schülerinnen und Schüler sonst noch mit auf eurer Fahrt in die Zukunft? Da ist hoffentlich zum einen bei allen ein fundiertes Wissen in den Bereichen Deutsch und Mathematik (symbolisiert durch den Duden und das Lineal). Ihr habt mehr oder weniger umfangreiche Kenntnisse über Natur- und Gesellschaftswissenschaften erworben, nehmt kulturelles Wissen mit und seid natürlich körperlich fit (Turnschuh), nicht zuletzt bewiesen durch 18 km Laufstrecke beim Sponsorenlauf, erlaufen von Davin Difort und Tobias Recknagel. Das beste Mädchen, Hanna Wiegang, ebenso wie Timo Jyhs und Niklas Zeller mit 16 km.

Selbstverständlich haben wir an der EGG Wert darauf gelegt, dass ihr auf jedem Schiff der Welt anheuern könnt, ohne sprachliche Probleme zu haben (Dictionary).



So mancher von euch musste während der Fahrt – und wenn ich das zeitweilige Aufstöhnen eurer Lehrerinnen und Lehrer richtig deute – bis kurz vor dem Erreichen des Zielhafens davon überzeugt werden, wie wichtig es ist, diese Dinge auch einzustecken.

Natürlich fehlt in eurem Gepäck ein sehr wichtiges Utensil nicht, dass das Evangelische Gesamtschulschiff jedoch entscheidend ausmacht, hier und heute maritim symbolisiert durch den Fisch, dem Geheimsymbol des Urchristentums, denn niemand lernt und reist für sich allein und wo lernen oder auch die Fahrt auf einem Schiff gelingt, sind immer viele beteiligt und ziehen an einem Strang, bringen ihre teilweise sehr unterschiedlichen Kompetenzen und Lernwege ein, bleiben aber letztendlich auf ihrem Weg in die Ferne immer in Gottes Hand.

Was bedeutet das alles, und warum ist es mir so wichtig, dass ihr dieses Wissen als wichtiges Gepäckstück mit von Bord nehmt? Wir leben in einer Zeit dramatischer Veränderungen. Veränderungen, die Auswirkungen auf alle Bereiche unseres Lebens haben. Es ist kaum möglich heute etwas darüber zu sagen, wie unsere Welt in 30 Jahren aussehen wird, oder um es anders darzustellen: Als ich meinen ersten Computer vor ca. 30 Jahren – einen Commodore 64 mit 64 Megabyte Arbeitsspeicher – besaß (an ein Internet war noch überhaupt gar nicht zu denken und ich nutzte das Ding als Schreibmaschine und für ruckelige schwarz-weiß Spiele), hätte ich mir nicht träumen lassen, dass einmal komplette Urlaubsreisen per Computer geplant und gebucht, Lieder und Filme jederzeit heruntergeladen oder die gesamte Organisation einer Schule über solche vernetzten Geräte laufen würde.

Heutige Soziologen sagen übereinstimmend, dass die meisten heutigen Schulabgänger, während ihres Berufslebens mindestens 3-4 mal ihren Beruf aufgrund der Schnelllebigkeit unserer Zeit wechseln werden und viele von euch in 10 Jahren in Berufen arbeiten werden, die es heute noch gar nicht gibt. Um diese Zukunft meistern zu können, muss man eine Fähigkeit besonders ausgeprägt gelernt haben, nämlich die das ganze Leben lang lernen zu wollen. Hinzu kommt eine positive Einstellung zum Lernen und zum Leben, die Bereitschaft Risiken einzugehen und Fehler nicht als etwas Schlimmes, sondern als Hilfe zu betrachten. Wir hoffen, dass wir euch an der EGG mit dieser Kompetenz ausgestattet haben, die ja auch rund 90 von euch in den nächsten drei Jahren, wenn ihr in Richtung Abitur in unserer eigenen Oberstufe in See stecht, zu Gute kommen kann. Viel Erfolg auch auf diesem Weg. Dass es neben der Schule auch noch andere Förder- und Forderprogramme gibt, ist sicherlich allen Anwesenden klar – relativ neu in Gelsenkirchen ist dabei das Talentscouting an dem beispielsweise Christopher Biesler teilnimmt, der sich u.a. mit dem Fotografieren von Brücken einen Namen gemacht hat oder auch das Programm der Ruhrtalente, für das Louis Timmermann ausgewählt wurde. Ich wünsche euch hier auch in Zukunft zahlreiche spannende Begegnungen und Angebote.

Da mein Rucksack beinahe leer ist, muss ich einmal nachschauen, was ich hier zuletzt noch finde? Ein Jahrbuch – ein ganz Aktuelles, welches ihr alle nachher vom Förderverein auch geschenkt bekommt - ja dieses Jahrbuch steht stellvertretend für die vielen Erinnerungen, die ihr von dieser Schule, von eurer Klasse und von euren Lehrerinnen und Lehrern mitnehmt. Viele dieser Erinnerungen werden sicher schon nach einer gewissen Zeit verblassen, aber so manche Erinnerung werdet ihr ein Leben lang für euch behalten. Das können rückblickend besondere Ereignisse während des Praktikums sein, Befürchtungen vor den ZAP’s oder aber so manche Besonderheit während der Abschlussfahrten in diesem Jahrgang. Ich wünsche euch, dass eure Zeit an der EGG irgendwann rückblickend zu den guten Zeiten eures Lebens gehören mag und dass ihr weitere gute Zeiten folgen mögen. Ihr habt diese Schule mit Leben gefüllt, euer Geist und eure Fröhlichkeit haben sie mit geprägt. Ich sage im Namen der gesamten Crew der EGG: Herzlichen Dank !

Bei Ihnen, liebe Eltern, bedanke ich mich für das geschenkte Vertrauen, für kritische Fragen, ermutigende Rückmeldungen und für alle Unterstützung in den letzten 6 Schuljahren ihrer Kinder.

Euch, liebe Kolleginnen und Kollegen – und damit sind insbesondere die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer der letzten zwei/vier oder gar sechs Schuljahre gemeint – danke ich für das andauernde Engagement, den Langmut und die Freundlichkeit mit der ihr eure Schülerinnen und Schüler in den letzten Jahren und Tagen begleitet habt.

Ich möchte abschließend stellvertretend für alle hier Sitzenden einen Schüler und zwei Schülerinnen nach vorne bitten, die jeweils in ihrem eigenen Abschluss das beste Zeugnis der Jahrgangsstufe 10 erzielt haben und denen ich als Widmung in das Buchpräsent geschrieben habe:

Herzlichen Glückwunsch zum besten Zeugnis im Abschlussjahr 2019. Ich wünsche dir viel Erfolg und Gottes Segen auf deinem weiteren Weg.“ Volker Franken



Jason Wortberg

Lea Katt

Elena Thielking



Die EGG verabschiedet sich nun in Dankbarkeit und Respekt von ihren Schülerinnen und Schülern und deren Eltern, von denen uns wie wir wissen auch viele für weitere Jahre erhalten bleiben. Genießt diesen Tag. Es ist im Leben nicht oft so, dass man an einem lange angestrebten Ziel angekommen ist. Herzlichen Dank!





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